Nordrhein-Westfalen ist nach Aussage von Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) auf die Aufnahme weiterer Flüchtlinge eingestellt. „Wir sind hier in NRW auch auf steigende Flüchtlingszahlen vorbereitet“, sagte Stamp im Interview mit der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ und dem Bonner „General-Anzeiger“. „Die Plätze in den Landeseinrichtungen haben wir nur sehr maßvoll um 5000 reduziert. Insgesamt haben wir jetzt noch 21.000, davon waren zuletzt 8000 bis 9000 belegt. Die Zahlen sind seit zwei Jahren rückläufig. Das heißt, wir haben immer noch eine hohe Zahl nicht belegter Plätze. Und wir können sofort weitere im hohen vierstelligen Bereich aufbauen“, so der Minister. Das Ministerium war Mitte Oktober auch angesichts der Lage in Nordsyrien für die Schließung von Unterbringungen für Flüchtlinge kritisiert worden.
Zugleich will Stamp Flüchtlingen eine bessere Perspektive bieten: „Wir werden in NRW jetzt eine Bundesratsinitiative vorbereiten, damit zum Beispiel Arbeitsverbote wegfallen. Und ich bin sicher, die Unterstützung von anderen Bundesländern dafür zu bekommen.“ Das betreffe jene, die schon mehrere Jahre hier seien, eine Arbeit hätten und deren Kinder in der Schule seien.
Stamp warf Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) vor, in der Flüchtlingspolitik Populisten in die Hände zu spielen: „Mein Problem ist, dass Seehofer es bei steilen Ankündigungen belässt, die sich nicht in die Praxis umsetzen lassen. Das trägt ganz wesentlich zur Verunsicherung der Bevölkerung bei und zur Stärkung der Populisten.“¹
Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat den Kommunen Unterstützung bei der Bewältigung des verstärkten Zuzugs von Flüchtlingen nach dem Auslaufen der Wohnsitzauflage zugesagt. „Für mich ist klar: Wir werden die Städte dabei nicht im Stich lassen“, sagte NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. „Wir wissen um die besonderen Herausforderungen der Städte gerade im Ruhrgebiet“, so Stamp weiter. Die doppelte Herausforderung mancher Städte mit einer großen Zahl von Migranten aus Südosteuropa und der Integration von Geflüchteten sei groß. An diesem Montag (11.11.) soll es zu einem Spitzengespräch des Flüchtlingsministers mit dem NRW-Städtetag kommen.
Viele Ruhrgebietsstädte verzeichnen seit Monaten einen verstärkten Zuzug von anerkannten Flüchtlingen vor allem aus Syrien. Für sie galt in den vergangenen drei Jahren eine Wohnsitzauflage, die das Integrationsgesetz des Bundes erstmals zum 1. Januar 2016 eingeführt hatte. Die Auflage verpflichtete Flüchtlinge, dort zu leben, wo ihr Asylverfahren durchgeführt wurde. Nach Ablauf der drei Jahre können sie ihren Lebensmittelpunkt frei wählen und ziehen häufig ins Ruhrgebiet, wo Verwandte oder Bekannte bereits leben. Herne und Gladbeck etwa meldeten zuletzt einen sprunghaften Anstieg von syrischen Flüchtlingen. Die Landesregierung machte auf Anfrage deutlich, dass die Wohnsitzauflage in NRW zwar weiter gelte, eine länger als drei Jahre andauernde Beschränkung des Wohnsitzes für anerkannte Schutzberechtige europarechtlich jedoch kaum durchsetzbar wäre.²
¹Rheinische Post ²Westdeutsche Allgemeine Zeitung